Schladebach 1/1856, Bd. 1

Anselm von Flandern, in seinem Falle mit dem Vorhergehenden zu verwechseln, war ein namhafter Musiker im Dienste des Herzogs von Baiern um die Mitte des 16. Jahrhunderts, also ein Zeitgenosse Hubert Waelrant’s (s. ds.), mit dem ihm auch die erweiterte Tonleiterbezeichnung für die Solmisation - nämlich si für die siebente Stufe, und zwar für unser h, und bo für unser hes oder b - zugeschrieben wird, wenigstens thut dies Zacconi in seiner Pratica di musica, deren zweiter Theil 1622 gedruckt ward. Mersenne schreibt diese Erweiterung einem um 1547 lebenden unbekannten Niederländer zu, und es ist jezt allerdings, wie schon Fétis ganz richtig bemerkt hat, zu entscheiden unmöglich, ob jene Erfindung, wenn wir sie so nennen wollen, von unserem A. oder von Waelrant ausgegangen. Doch wird sie dem Erstgenannten auch in einem Werke Fantuzzi’s über die bolognesischen Schriftsteller, und zwar in einem darin enthaltenen Briefe vom Jahr 1743 beigelegt, den Franc. Proveni von Siena an einen römischen Kapellmeister geschrieben, um dessen Urtheil über die Frage zu vernehmen, ob Guido’s von Arezzo oder unseres A. Solmisation die vorzüglichere sei. Nähere Nachrichten über die Lebensumstände des A. fehlen.