Lipowsky 1811

Joseph Clemens Cajetan: Joseph Clemens Cajetan, Sohn des Churfürstens von Baiern, Ferdinand Maria, und dessen Gemahlinn Henriette Adelaide, Victors Amadeus I. Herzogs von Savoien Tochter, wurde den 5. Dezember 1671 geboren, 1685 schon zum Bischof von Freising und Regensburg, den 19. Julius 1688 aber zum Churfürsten und Erzbischof von Cöln erwählt. In eben diesem Jahre 1688 erhielt er auch die gefürstete Abtei Berchtolsgaden, 1694 ward er Coadjutor zu Hildesheim, und den 20. April dieses Jahrs auch Bischof zu Lüttich. Er starb den 12. Nov. 1723. Auch dieser unterhielt sich mit der Musik, und komponirte einige Kirchenstücke, die er durch seinen Pfleger zu Berg am Laim, Johann Rauch, dem Seminar zu München einhängen ließ mit folgendem Schreiben: Bonn, den 28. Julius 1720. Lieber Hofkammerrath Rauch! Es scheint vermessen zu seyn, daß ein Ignorant, der gar keine Musique kann, sich unterfanget zu componiren. Dieses widerfahrt mir, indem ich hierbey 11. Motetten und compositionen überschicke, welche ich selbst componirt habe, und zwar auf eine wunderliche Weis, weilen weder Noten kenne, noch die Musique im geringsten verstehe, dahero gezwungen bin, jenes, so mir im Kopf kommt, einem musicalischen componisten vorzusingen, so meine gedanken zu Papier bringt. Indessen muß ich ein gutes gehör und gusto haben, weilen das Publicum, so solches gehört, selbe jederzeit approbirt hat. Den Methodum aber, so ich mir hierinn vorgeschrieben habe, ist allein jener, so die Imben zu thun pflegen, welche aus den schönsten Blumen das hönig herausziehen und solches zusammentragen; Also auch ich alles, was ich componirt habe, allein genommen von guten Meistern, deren Musicalien mir wohlgefallen; gestehe also Frey meinen Diebstahl, welches doch andere laugnen und ihnen zueignen wollen, was selbe von andern genommen; darf also niemand sich ärgern, wann Er alte Arien darin hören wird; dann, weilen selbe schön seynd, als kann das Alterthum darum nicht ihnen den Preis benehmen; habe also dieses Werklein zum Praesent der Kirchen Sti. Michaelis Archangeli bei denen P. P. Societatis Jesu, wo meine Vorältern darinn ein Seminarium Musicale gestiftet, verehren wollen, damit von mir zu ewigen Zeiten dieses Kennzeichen dort gelassen werden möge und dieses darumb, weilen ich diese Musique in Zeit meiner Verfolgung am meisten componirt habe. Die Ursachen, warum jedes Stück componirt worden, setze ich hiebey: 1mo. Adjutorium nostrum in nomine Domini -habe ich gemacht, da ich die größte Verfolgung ausgestanden, anno 1706. 2do. Ne nobis Domine -- wegen erhaltenen Victorien. 3tis. Tempus est -- als ich die zwei Städte Rüssel und Valencien verlassen habe, zur Dankbarkeit, weilen ich in selben beyden Städten viel Gutes von denen Inwohnern vor mich und die meinigen empfangen. 4to. Victoria -- nach der Schlacht zu Belgrad 1717. wider die Türken. 5to. Per hoc vitae spatium -- als ich in mir selbst gestritten, was Standt ich annehmen solle, ob ich geistlich, oder weltlich bleiben werde. 6to. Quare fremuerunt gentes -- als man mich aufs auserist ungerechter Weis verfolget hat, mir selbst zum Trost. 7mo. Quem vidistis Pastores -- zu Weihnachten. 8vo Parce Domine! -zur Fastenzeit. 9no. Maria Mater gratiae -- der allerseeligsten Mutter Gottes zu Ehren. 10mo. Als mein Schwager der Dauphin 1711 und mein 11mo. Neveu der Dauphine und seine Gemahlinn 1712 gestorben; welches auch das Kosthaus (Seminar) ersuche, nach meinem Todt für mich selbst singen zu lassen. Dahero Dir auftrage den P. Magister Chori solches in meinem Nahmen, samt diesen eigenhändigen Brief von mir zu überliefern, und ihme dabey und das ganze Kosthaus meiner Gnaden zu versichern. schrieb alles dieses der göttlichen Gnad zu, welche mich ohnwissenden erleuchtet hat, dieses zu thun. Der ich annebens dich auch meiner Gnaden versichere. Joseph Clemens m. pra. Für diese überschickte Musik dankte der Inspektor des Seminars zu München in folgendem Briefe: Eminentissime ac Serenissime Princeps et Elector, Domine Domine clementissime! Exosculor humillimacum Reverentia Manum clementissimam et Munus musicum praetiosissimum. Consignavit hoc in manus meas unacum litteris gratiosissimis consiliarius aulae Boicae et Eminentissimae Serenitatis vestrae Praefectus in Pergen Joannes Rauch, nec sine ingenti gaudio et gratulatione omnium. Quanta enim non est gratia, non tantum Domus Gregorianae (Seminarii Monacens.) et ejus, cui incumbit ejusdem aliqua Inspectio et cura, clementissime meminisse, sed et musico Thesauro tam regie munerari voluisse? Advolvimur proin Serenissimis Pedibus et Pedo Archiepiscopali, summasque, quas possumus, ac debemus, gratias cum omni demississima Reverentia persolvimus, aeternum obstricti Regali Munificentiae. -- Perennabit hoc eminentissimi favoris mnemosy non in Musico Electoralis Templi Monacensis Gazophilacio, ad Dei, gloriam, ad Deiparae ac Sti. Michaelis Archangeli honorem, ad Memoriam eminentissimae Dignationis non intermorituram. Admiramur interim summum Serenissimae Musicae pretium non modo ab Eminentissimo Authore, se et ab amoenissima arte, quam adhibitis omnibus musicis Gregorianis exploratam, stupebant vniuersi. Porro quod deferre submisissime tenuitas nostra vicissim potest, est precum nostrarum sacrificium, cum a me minimo, tum ab alumnis gregorianis praestandum: cum vtique in finem, vt boni superi eminentissimam Serenitatem vestram in felicissimo Regimine diu stabilire velint, ad Ecclesiae exaltationem, et omnium bonorum Solatium, maxime clientum, quorum minimos esse sese gaudent alumni gregoriani. -- Hos adeo una mecum servulorum minimo Eminentissimis favoribus et gratiis vt profundissima cum Reverentia commendare porro liceat, flexis genibus etiam atque etiam rogamus, ausi quoque sancta confidentia sperare impertiendam Benedictionem coelestem ab Archiepiscopali Mitra et Pedo, quod fixo osculo submisissime reveremur. Monachii 7. Augusti anno 1720. Eminentissimae Serenitatis vestrae humilimus Gregorius Schilger Soc. Jesu Domus S. Gregorii M. Inspector.