Lipowsky 1811

Schack, (Benedikt, böhmisch Zäk): Schack, (Benedikt, böhmisch Zäk), wurde 1758 zu Mirowitz in Böhmen, wo sein Vater 53 Jahre Jugendlehrer gewesen, geboren. Bei diesem seinen Vater erhielt er den ersten Unterricht in den Elementär-Kenntnissen, in der lateinischen Sprache, und dann auch in der Musik, im Gesange aber dergestalt, daß er als ein Knabe von zehen Jahren alles prima vista (vom Blatte weg) sang. Nun gab ihn sein Vater zu einen benachbarten Jugendlehrer, der ein sehr geschickter Organist gewesen, auf ein Jahr, um dort das Orgelspielen und den Generalbaß zu erlernen. Im J. 1769 wurde er von den Jesuiten auf dem heil. Berge (einem berühmten Wallfahrtsorte) als Singknabe aufgenommen, wo er zugleich in den untern Schulen 4 Jahre lang studirte, dann aber 1773 an die Domkirche nach Prag als Sänger kam, und dort seine Studien fortsetzte. Nach Verfluß von zwei Jahren wechselte seine Stimme, und während dieses Wechsels nahm er beim Kapellmeister Laube daselbst Unterricht in der musikalischen Komposition. Seine ersten Versuche und Uebungen in der Tonsetzkunst waren Arien, welche von sämmentlichen Singknaben bei mehreren Domherrn an der Tafel gesungen und mit Beifall aufgenommen wurden, dann einige Serenaden, die bei ihrer Aufführung ebenfalls gefielen. Zu Ende des Jahres 1775 kehrte er, während der Schulferien in das Vaterhaus zurücke, und machte dann mit Einverständniß seines Vaters zu Fuß eine Reise nach Wien, das von seinem Geburtsorte 36 Meilen entfernt liegt. Der junge Schack war so glücklich im dortigen Seminar aufgenommen zu werden. Daselbst fieng er nun an den Tenor zu singen, und da seine Stimme dem damaligen Universitäts Kapellmeister, und dem vortrefflichen Sänger Joseph von Frieberth sehr wohl gefiel, so gaben ihm diese Unterricht, und zwar der erste im Kontrapunkt, der letzte aber im Gesang. Als Schack hierinn gute Fortschritte gemacht, auch sich die erforderlichen Kenntnisse aller Blasinstrumente erworben, und sich überhaupt durch Genie und Musikkunst ausgezeichnet hatte, übertrug man ihm die Aufsicht über alle, etliche 40 an der Zahl, im Seminar befindliche Individuen, und arrangirte daselbst jeden Donnerstag eine musikalische Akademie, welcher öfters der Kapellmeister Joseph Hayden beiwohnte. Er komponirte auch zwei Operetten, und mehrere Simphonien, die im Seminar mit vielem Beifalle gegeben wurden, und daselbst auch blieben; ferners für das Minoriten-Kloster zu Grätz in Steiermarkt drei Oratorien, wovon er, gemäß des getroffenen Akkordes, die Original-Partituren diesen Vätern einliefern mußte. Fünf volle Jahre blieb Schack in Wien, vollendete dort die philosophischen Studien, und widmete sich hierauf der Arzneiwissenschaft; allein unvermuthet erhielt er den Ruf zu einer Fürstlichen Kapelle in Schlesien, welcher ihn bestimmte aus Mangel einer väterlichen Unterstützung, bei einer sehr entfernten Aussicht, einst als Arzt seine Versorgung zu finden, Wien zu verlassen, und diesem Rufe zu folgen. Er reiste daher am 24. Junius 1780 nach Carolath bei Groß-Glogau in Niederschlesien, gefiel dort dem Fürsten, und brachte bei ihm vier Jahre zu. Auf dieses Fürstens Befehl komponirte er viele Konzerte für Blasinstrumente, die ihm auch gut bezahlet wurden, indessen behielt der Fürst ebenfalls die Partituren. Im 1784 verheirathete sich Schack mit einer Sängerinn an diesem Hofe, Weinhold, und lebte glücklich. Eine ungewöhnlich große Ueberschwemmung der Oder verursachte indessen dem Fürsten ungeheuern Schaden, und zwang ihn die Kapelle aufzulösen. Vielen war dieses ein Donnerschlag; nur dem Schack nicht, denn zu eben dieser Zeit, wo so viele gute Tonkünstler brodlos geworden, erhielt er von Prag Briefe über Anstellung beim Theater, und Schack, der nie dachte sich der Schauspielkunst zu weihen, willigte ein. Er gieng also dahin ab, und traf im Monate September 1784 in der Hauptstadt des Königreichs Böhmen ein. Bondini wollte daselbst und auch in Dresden eine deutsche Oper zusammenbringen, brachte aber dieselbe nicht zu Stande, nnd reiste unverrichteter Dingen nach Italien. Das Publikum und Schack waren also betrogen, letzterer setzte sein erspartes Geld zu, und war gezwungen im folgenden Monate September Prag zu verlassen. Mit sehr wenigem Gelde in der Tasche verließ er mit seiner Familie diese Stadt, und faßte den Entschluß nie wieder einer Theater-Rekrutirung zu folgen. Er fieng nun einen Musikalien-Handel theils mit seinen, theils mit andern Musiken im Manuscripte an, bereiste mehrere Städte in Böhmen, und nährte sich so zwar kärglich, aber doch ehrlich. Zwei Jahre lebte er so ohne eine fixe Anstellung, ein gewisses Einkommen zu haben, als er plötzlich in Budweis mit Emanuel Schikaneder, der mit seiner Theater-Gesellschaft nach Salzburg reiste, bekannt wurde. Da mehrere Mitglieder dieser Gesellschaft ihn von Wien aus kannten, beredeten ihn diese ihnen zu folgen. Schack gab nach, und Schikaneder verhieß ihm einen wöchentlichen Gehalt von 18 Gulden, und Schack folgte demselben nach Salzburg. In dieser damals erzbischöflichen Residenzstadt betrat er nun zum ersten Mal die Bühne und debütirte als Nardone in der Oper: La Frascatana. Er gefiel in dieser und den nachfolgenden Opern, worinn er sang, ausserordentlich, und machte daselbst auch Bekanntschaft mit dem Kapellmeister Leopold Mozart, und dem Vizekapellmeister Mich. Hayden, welche ihm in artistischer Hinsicht von großem Nutzen war. Zu den meisten Opern, welche Schikaneder für sein Theater verfertigte, schrieb Schack theils allein, theils auch in Gesellschaft mit Franz Täuber und Gerl die Musik. Von Schack’s Komposition allein sind folgende Opern: a) Der Luftballon; b) Lorenz und Suschen; c) der Mundkoch; d) der Krautschneider. Diese Opern wurden auch späters in Wien mit großem Beifalle gegeben, und da sie nur für das Schikanedersche Theater berechnet waren, so sind sie bei andern Theatern weniger bekannt geworden. In Regensburg komponirte Schack eine Messe und eine Litanei, welche in Gegenwart des Fürsten von Thurn und Taxis von dessen Hoforchester in der dortigen Augustinerkirche mit großem Beifalle aufgeführt wurde. Späterhin schrieb er dort für den berühmten Baßsänger Fischer, der gegenwärtig in Berlin lebt, eine italienische Scene, die dieser berühmte Künstler öfters in Konzerten sang. Im Jahre 1788 wurde des Schikaneder’s Theater in Regensburg aufgelöset, und Schack nach Wien für das Theater an der Wieden (jetzt an der Wien) beschrieben. Friedl, ein berühmter Schriftsteller war damals Direkteur desselben. Schack gieng dahin, und fand nun erst Gelegenheit sich zu einen wahren Sänger zu bilden, indem er in der Opera seria einen Mandini, Babini, Mombelli und Maffoli hören konnte. Der letztere war sein Mann, nach welchem er sich bildete. Desselben Art und Manieren im Gesange ahmte Schack in der deutschen Oper so glücklich nach, daß man ihn allgemein in Wien den deutschen Maffoli nannte, Maffoli selbst seine Bekanntschaft suchte, und ihm während des Spiels Beifall zuklatschte. In Wien komponirte Schack folgende Opern: a) Una cosa rara, zweiter Theil; b) Stein der Weisen; c) die Wiener Zeitung. Diese Opernmusiken erwarben ihm die unschätzbare Bekanntschaft des unsterblichen Mozart, und erneuerten das ehemalige Wohlwollen des großen Joseph Hayden. Oefters kam Mozart zum Schack, um ihn zu einen Spatziergang abzuholen, und während sich derselbe ankleidete, setzte sich Kapellmeister Mozart an dessen Schreibtisch, und komponirte hier und da ein Stück in desselben Opern, daher in des Schack Opern mehrere Stellen von Mozarts eigener Hand und Genie vorkommen, auch war dieser große Tonsetzer so gefällig und freundschaftlich gegen Schack, daß er ihm mehrere Bücher über Musik zum lesen, dann Partituren eines Händel, Emanuel und Sebastian Bach etc. zum studiren gab. Den Tamino in der Zauberflötte schrieb Mozart eigends für Schack, der diese Rolle in Wien 116 Mal sang und spielte. Dieses großen Künstlers Freundschaft genoß Schack bis zu dessen Tode. Nach einem fünfjährigen Aufenthalte verließ endlich Schack Wien, überdrüßig der entstandenen und fortdauernden Uneinigkeit zwischen dem Direktor und der Gesellschaft von verschiedenen Lie, beleien veranlaßt. Er kam also 1793 nach Grätz in Steiermarkt, und würde diese Stadt, die seine Kunst und sein Talent liebgewann, schätzte und belohnte, nie verlassen haben, wenn er auf eine lebenslängliche Versorgung für die Zukunft hatte rechnen können. Er verlebte dort drei ihm unvergeßliche Jahre, komponirte aber daselbst nur einige Gelegenheits-Lieder und Cantaten. Schack wurde vom damaligen Hofmusik- und Theater-Intendanten Joseph Grafen von Seeau unter vielen sehr vortheilhaften Versprechungen für die Zukunft nach München beschrieben, und Schack willigte um so lieber ein, als er versichert war, daß beim Münchener Hoftheater ständige Besoldung und lebenslängliche Anstellung bestände. Er kam daher 1796 nach München; allein Ehrgeitz, beginnende Theuerung, Kriegslasten u. s. w. zehrten in Bälde seine Sparpfenninge auf; und da Graf Seeau nicht alle ihm gemachte Versprechungen erfüllte, auch ihm nur einen jährlichen Gehalt von 700 fl. gab; so entschloß sich Schack München zu verlassen, und einem nach Frankfurt am Main erhaltenen Rufe zu folgen. Aber die damals regierende Frau Churfürstinn von Pfalzbaiern, Maria Leopoldine, gab dieses nicht zu, und so geschah es, daß Schack auch als Hofsänger angestellt wurde, und beim Hoftheater Gehalts-Vermehrung erhielt. Da zu derselben Zeit meistens nur französische, und Opern mit Musik von Dittersdorf (1) gegeben wurden, die er nicht kannte, auch Schack der einzige Tenorist beim Hoftheater gewesen, so war er gezwungen jede Woche eine für ihn neue Oper einzustudiren, und dieses ununterbrochene Studium mehrere Jahre fortzusetzen. Durch diese zu große Anstrengung, dann andere Hof- und Privat-Musiken, wurde in der Folge sein Gedächtniß und seine Brust dergestalt geschwächt, daß er dermal nicht mehr im Stande ist größere Soloparthien zu übernehmen, indessen wenn er auch noch nur eine kleine Arie, ein Duett, ein Liedchen singt, so wird man den vortrefflichen Sänger nicht verkennen, und deutlich wahrnehmen, welch’ eine schöne Tenorstimme ihm einst eigen gewesen, und im Grunde noch ist. In München widmete Schack seine Muße meistens der Kirchenmusik. Er komponirte sechs Messen, zwei Requiem, etliche Gradualia und Offertorien, zwei Trauer-Cantaten, und eine Menge drei- und vierstimmige Lieder, auch arrangirte er die Lamentationen für die Charwoche drei- und vierstimmig. Diese von ihm verfertigten Musiken werden sowohl bei Hofe, als auch in andern Kirchen noch immer mit großem Beifalle aufgeführt, und verewigen sein musikalisches Talent, das die großen, vielleicht einzigen Kapellmeister unserer Zeit, Mozart und Hayden schätzten und bewunderten.