Mendel 1/1872, Bd. 2
Böhm, Theobald, ein eben so berühmter als merkwürdiger Künstler, der als Meister der Flöte seine Anstellung in der königl. Hofkapelle in München gefunden hat, in welcher Stadt er im Jahre 1802 geboren ist. Auf mehreren Kunstreisen, namentlich auf einer solchen 1834 und 1835, der ein längerer Aufenthalt in London folgte, hat er sich weit über die Grenzen seiner Heimath hinaus als einer der ersten Flötenvirtuosen Deutschlands bekundet, der gegenüber allen Rivalen seiner Zeit diesen hohen Rang mit Ehren behauptet. Durch wesentliche Verbesserungen an seinem Instrumente und durch Erfindung einer neuen Art Klavier zeigte er, dass er auch ein denkender Akustiker sei. In seinen zahlreichen Compositionen offenbart sich überwiegend das Bestreben, nicht blos brilliant zu schreiben, sondern auch gleichzeitig dem Sinne für echte Kunst zu dienen. Dies gilt besonders von seinen Conzertstücken und in zweiter Linie von seinen Variationen und Polonaisen, die sämmtlich mit Begleitung des kleinen Orchesters, so wie mit Pianoforte erschienen sind. Seine "32 Etüden in allen Tonarten" sind Schulstücke, deren Studium sich kaum ein Flötist entschlagen kann.