Mendel 1/1872, Bd. 2
Cornelius, Peter, einer der hervorragendsten Vertreter der sogenannten neudeutschen Musikschule, ein Neffe des berühmten Malers gleichen Namens, wurde 1830 in Mainz geboren und machte in der Zeit von 1845 bis 1850 seine musikalischen Studien in Berlin, vorzüglich unter der Leitung S. W. Dehn’s. Heirauf ging er nach Weimar, wo er in vertrauten künstlerischen Verkehr mit F. Liszt trat, dessen Frucht eine Reihe von musikalischen Aufsätzen im reformatorischen Sinne für die Musikzeitung „Echo“ und die „Neue Zeitschrift für Musik“, sowie von grösseren und kleineren, meist auch selbstgedichteten Gesängen war. Eine während dieses Aufenhalts von ihm gedichtete und componirte Oper „Der Barbier von Bagdad“, welche das Bestreben zeigt, die kunstphilosophische Theorie R. Wagner’s auch auf die komische Oper auszudehnen, kam 1858 in Weimar zur Aufführung, vermochte sich aber, trotz der ausschweifenden Lobpreisungen der Partei, die C. als den modernen Cherubini proclamirte („N. Zeitschr. f. Musik.“ 1859 Nr. 12), nicht zu halten und ist auch, bis auf eine Nummer, nicht im Druck erschienen. Von 1859 bis 1862 lebte C. in Wien, siedelte aber 1863 nach München über, wo er die große Oper „Cid“ vollendete. Nach Neubegründung der königl. Musikschule in München wurde C. für den Unterricht in der Harmonielehre und in der Rhetorik in den Lehrerkreise dieser Anstalt gezogen, welche ehrenvolle Stellung er auch noch gegenwärtig einnimt. Seine neueren Gesangscompositionen haben sich in der Form mehr und mehr geklärt und sind von den excentrischen Auswüchsen einer stürmischen Jugendperiode fast frei geworden, sodass man von ihm wirklich bedeutende Werke zu erwarten berechtigt ist.