Lipowsky 1811
Cannabich, (Karl):
Cannabich, (Karl), ein Sohn des Vorigen, wurde 1771 zu Mannheim geboren, und schon in früher Jugend von seinem Vater für die Tonkunst bestimmt. In seinem vierten Jahre begann er das Klavier und die Violin zu spielen, und in seinem neunten Jahre unterrichtete ihn auf dem letztern Instrumente der berühmte Violinspieler Friedrich Eck. Den General-Baß und die Komposition studirte er beim Hofklaviermeister Grätz in München. Als er zwölf Jahre alt geworden, machte er mit dem großen Virtuosen auf der Oboe Ludwig August le Brün eine musikalische Reise durch ganz Deutschland, und spielte mit großem Beifalle an den ersten Höfen und in den berühmtesten Stadten Konzerte. Er war ein angenehmer, aber kein großer Violinspieler. Als er von dieser Reise zurückgekommen war, wurde er 1784 als Hofmusikus in München angestellt, worauf er im folgenden Jahre nach Italien reiste, um sich daselbst in der Tonkunst mehr auszubilden. Dort verweilte er zwei Jahre, und als er nach München zurückegekommen war, nahm er auch beim Kapellmeister Peter Winter Unterricht in der Komposition. Im Jahre 1796 erhielt er den Ruf als Musik-Direktor nach Frankfurt am Main, den er mit Bewilligung seines Hofes auf vier Jahre auch angenommen hat, und also die baierische Dienste nebst diesem beibehielt. Dort lernte er die Sängerinn Josephine Woraleck kennen, und heirathete dieselbe 1798. In eben diesem Jahre wurde er auch als churpfalzbaierischer Konzertmeister dekretirt. In Frankfurt blieb er nun bis zum Jahr 1800. In diesem Jahre wurde er nach München zurücke berufen, und 1801 als Musikdirektor ernannt. Von diesem Zeitpunkte an widmete er sich ganz der Komposition und der Direktion des Orchester. Er schrieb 2 Opern: Orpheus, dann Palmer und Amalie, die bei ihrer Aufführung den verdienten Beifall reichlich erhielten. Er verfertigte die Balletmusik zur Oper Axur, mehrere Arien und Duetten für seine Frau, zum Gebrauche bei Hofkonzerten sowohl, als auch zum Einlegen bei Opern, schrieb Lieder, Cantilenen, Quartetten, Simphonien u. dgl. deren mehrere durch den Stich bekannt wurden, und zeichnete sich in allen von ihm verfertigten Musikstücken als gründlicher und geschmackvoller Kompositeur aus. In seinen Opern und Singstücken stehen Poesie und Musik im Einklange, und es ist nicht zu widersprechen, daß er dem Dichter vollkommen nach empfunden habe. Seine Kompositionen sind überhaupt voll großer und erhabener Ideen, überall Licht, aber wenig Schatten. In der Direktion der Musik war des alten Stamitz und seines Vaters Geist auf ihn übergegangen. Das ganze Hoforchester war nur ein Körper, und belebt von einer Seele. Ausdruck, Wirkung, Kraft, Empfindung waren eines, und unter den Bogeninstrumenten nur ein und der nämliche Strich. Cannabich war übrigens auch in der Litteratur nicht fremde, hatte eine große Belesenheit, und sehr viele Kenntnisse, auch sprach und schrieb er französisch und deutsch. Die Zeitschrift Aurora, welche zu München in den Jahren 1804 und 1805 herausgekommen ist, enthält sehr schöne Aufsätze, die aus seiner Feder flossen, und ihm ebenfalls Ehre machen. Im Jahre 1805 gieng er auf Kosten des Hofes nach Paris, um die Einrichtung des dortigen Musik-Konservatoriums zu sehen, und erwarb sich auch dort Ehre; allein bald nach seiner Zurückkunft befiel ihn ein bösartiges Nervenfieber, an dem er den 1: Mai 1806 zu München gestorben ist. Sanft ruhe seine Asche;