bmlo.de/e0942/A1
Ehrenfried, Franz Heinrich, * 2. November 1747 Erlenbach, † 29. November 1828 Aschaffenburg, Oboist, Flötist, Arrangeur, Komponist

1   Forschungsstand

Wenn auch die Mainzer Musikgeschichte durch die Forschung weitgehend erschlossen ist, so befassten sich weder eine die vorhandene Sekundär-Literatur sichtende Arbeit noch eine umfassende Detailrecherche mit Leben und Werk Ehrenfrieds. Auch das MGG nennt Ehrenfried nicht. Ältere Lexika (Gerber, Eitner) kannten weder Vornamen noch Lebensdaten Ehrenfrieds, ganz abgesehen von einer vollständigeren Werkzusammenstellung. In musikwissenschaftlichen Publikationen fand er nur Eingang in den Bereichen der Bläser- und Harmoniemusik, sowie beim Thema Opernarrangement. Dabei wurde sein Arrangementverfahren teilweise eingehend untersucht (Martin).

2   Zeittafel

3   Zusammenfassung seines Wirkens

Der Hofoboist Franz Heinrich Ehrenfried wirkte 44 Jahre lang als anerkannter Musiker seines Faches in kurfürstlich Mainzer Diensten bzw. nach dessen Auflösung in Aschaffenburg. Darüber hinaus spielte er nicht nur zusätzlich im Opernbetrieb, Konzertleben, sowie in der Kirchenmusik seine Rolle als ausübender Musiker. Zahlreich sind die Drucke seiner Bearbeitungen vorwiegend von Opern. Sie boten dem Bürgertum Musik für das Nacherleben der Bühnenwerke, für häusliches Musizieren und für Unterrichtszwecke. Dabei entspricht der Vorzug der Flöte in diesen Drucken zeitbedingter Nachfrage. Anhaltspunkte für das Ausüben des Flötenspiels neben dem Hauptinstrument Oboe ist auch die Existenz eines virtuosen Flötenkonzertes und ein Hinweis in Gerbers Lexikon. Klavierauszüge und eigene Kammermusik mit Klavier belegen die Beherrschung auch dieses Instrumentes. Harmoniemusik schuf Ehrenfried indem er Opern zu Bläser-Partiten umschrieb, lange vor einer entsprechenden Dienstverpflichtung. Dieses Wirken in der herausragenden Metropole Mainz bildete den Grund für die Anerkennung und den davon ausgehenden Bekanntheitsgrad unter den Zeitgenossen. Mehrere späte Kirchenmusiken zeigen Ehrenfried schließlich als geschulten und originellen Komponisten. Nach seinem Tod fanden die Messen ihren Weg ins Repertoire der Domkirchen von München, Regensburg und Speyer.

4   Leben und Wirken

4.1   Herkunft und erste Anstellung am Mainzer Hof (1747-1774)

Franz Heinrich Ehrenfried wurde am 2. November 1747 in Erlenbach bei Krautheim als Sohn von Michael Ehrenfried und seiner Frau Anna Maria, geb. Dürr, in einfachen Verhältnissen geboren und noch am gleichen Tag getauft (FDA). Das Heimatregister der Stadt Aschaffenburg, das erst 1827 angelegt wurde, gibt als Geburtstag den 12. November 1748 an, was somit unrichtig ist (SSAA, Heimatregister, E1). Das Dorf Erlenbach gehörte dem kurmainzischen Oberamt Krautheim an, liegt an einem Zufluss der Jagst und ist Ortsteil der Stadt Ravenstein im heutigen Baden-Württemberg. Wo und wie Ehrenfried zur Musik kam, er sein Talent ausbilden und erproben konnte, ist nicht bekannt.

Ehrenfrieds Tätigkeit in der Mainzer Hofmusik begann 1770. Seither sollte sein Musikerberuf eng mit Mainz und der Musikpflege im Kurfürstenstaat verbunden sein. Er diente zunächst als ständige Aushilfskraft auf einer vakanten Oboistenstelle mit dem Substituteneinkommen von jährlich nur 60 Gulden. Zwei Jahre später schilderte er seinem Dienstherrn Kurfürst Emmerich Joseph von Breidbach (1763-1774) in einem Gesuch seine Notlage: Er müsse jährlich allein 100 fl. für Kost und Logis, sowie 50 fl. für Bekleidung aufwenden, könne von seinen Eltern aber wegen ihrer ohnehin dringenden Armuth niemalen wenigen auch nur geringsten Beytrag zu erhalten gedenken. Auf dieses Ersuchen hin erfolgte 1772 die Aufnahme in die Hofkapelle zu einer vorübergehenden Gratialbesoldung von 200 fl. mit der Aussicht auf Erhöhung der Bezüge. Die Musik-Intendanz bescheinigte den beiden jungen Oboisten Franz Heinrich Ehrenfried und Joseph Suppus die Fähigkeit im angenehmen Thon, als in Hurtigkeit und übriger Wissenschaft. Eifer und Leistung beschreibt Ehrenfried selbst: Wie sehr ich mich von dieser Zeit her beeyferet, um mich in meinem Instrument – nach Euer Churfürstlichen Gnaden höchstem Wohlgefallen zu befähigen, und wie oft ich das Glück gehabt – an verschiedenen Orten erwünschten Beyfall zu finden, darüber, … werde mir von der … Intendance … als auch von künstlicher Hofmusique das bewertete Zeügniß beygeleget werden können (Staatsarchiv Würzburg; Schweickert, S. 48 f.; Stadtarchiv Mainz, Churmaynzischer Staats-Calender).

Der Hofdienst am Vor- und Nachmittag bestand zunächst aus konzertmäßig erweiterten Tafelmusiken (Schweickert, S. 30, 36). Zum Dienst gehörten ebenso sämtliche Hofgottesdienste, sonntags wie werktags. Die klamme Staatskasse hatte über Jahre für erhebliche Missstände in der Hofmusik gesorgt, mit der folglich eine finanzielle Notlage der meisten Musiker verbunden war. Diese abzumildern erlaubte Kurfürst von Breidbach ausdrücklich im Theaterorchester mitzuspielen, ein erheblicher und sicherer Nebenverdienst, zumal diese Dienste außerhalb der Hoftermine stattfanden. Verbunden mit der Ausweitung des Musizierkreises gab dies Ansporn zu gesteigerten Leistungen (Schweickert, S. 35 f.).

4.2   Entwicklung in Mainz unter Kurfürst Erthal (1774-1793)

4.2.1   Ordentliches Gehalt

Zwar war die ordentliche Anstellung als Oboist schon 1772 erfolgt. Das erste ordentliche Honorar von 400 fl. konnten beide Oboisten aber erst im Oktober 1774 bewirken (Staatsarchiv Würzburg). Sie verdankten es nicht nur den herangereiften Reformabsichten des Hofes sondern auch einem Abwerbungsversuch des Fürsten von Oettingen-Wallerstein. Dieser wollte die beiden Oboisten Ehrenfried und Suppus zu einem Gehalt von jeweils 500 fl. nebst einem Kleyd und freies Quartier für sich gewinnen (Schweickert, S. 48, 105). Intendant von Dalberg befürchtete daher, die beiden könnten Mainz verlassen, und überzeugte den neuen Landesherrn, Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal umgehend zur Umsetzung des versprochenen ordentlichen Gehaltes. Man wollte die jungen, fähigen Musiker unbedingt behalten. Ihre Begabung bewog den nächsten Intendanten, Graf von Ingelheim, im Jahr 1776 gar zu dem Vorschlag, beide in Rücksicht ihrer anscheinenden vielen Fähigkeiten … nach Mannheim zu ihrer mehreren Befähigung abzuschicken (Schweickert, S. 48, 114). Dazu ist es aber wahrscheinlich nicht gekommen. Immerhin war Ehrenfried nun einigermaßen finanziell abgesichert, bezeichnete doch der Intendant 400 fl. als einen Betrag, mit dem man doch wenigstens sparsam leben könne (Schweickert, S. 120). Die neue Epoche, die unter Kurfürst von Erthal für Ehrenfried so vielversprechend begann, sollte weitere musikalisch-künstlerische Entfaltungen bringen.

4.2.2   Familiäres Leben

So war die Basis für eine Familiengründung gelegt. Ehrenfried heiratete am 8. Januar 1777 Maria Barbara Walburgis Hellmandel. Der Vater der Braut war bereits 1771 gestorben und muss in Mainz eine bedeutende Persönlichkeit gewesen sein (SAM, Kirchenbücher). Zuerst Kirchenrechtler in Trier, wirkte er danach, schon vor 1735, in Mainz als Kammerregistrator, Kammer- und Hofrat, sowie als Gewaltbote, d.h. ausgestattet mit Polizeigewalt und zuständig für die Überwachung des Bettelwesens, die Bürgermiliz, den Feuerschutz, das Bauwesen sowie die Gerichtsbarkeit bis hin zum Strafvollzug. 1770 muss er eine Villa in Solothurn/Schweiz bezogen haben, starb aber sehr bald 1771 (Pera). Die Mutter der Braut war Tochter des kurfürstlichen Obertrompeters bei Hof, Jakob Lambmann, dem letzten Mitglied der Trompeter-Dynastie der Lambmann, die 100 Jahre lang das Hoftrompeteramt versahen. Jakob Lambmann, der Vater von Ehrenfrieds Schwiegermutter also, blieb als Trompeter noch bis 1794 im Dienst (SAM, Kirchenbücher, Gottron S. 87). Eine Tante der Braut (d.h. eine Schwester von Ehrenfrieds Schwiegervater) war die Schwägerin von Johann Caspar Ferdinand Fischer jun., dem Sohn des Komponisten Johann Caspar Ferdinand Fischer sen. (1656-1746, Kapellmeister beim badischen Markgrafen in Rastatt).

Aus der Ehe Ehrenfrieds mit Hellmandels Tochter Maria Barbara Walburgis ging als einziges Kind, Joseph Ignaz Ehrenfried hervor. Sein Taufdatum, der 24. Dezember 1783, ist belegt (SAM, Kirchenbücher; Harris S. 186, dieser gibt Mainz und den 25.12.1783 als Geburtsdatum an). Das Familienleben bei Ehrenfried in Mainz war sicher auch geprägt von neuen verwandtschaftlichen Beziehungen zur Familie Suppus. Wenige Wochen nach Ehrenfrieds Heirat ehelichte Oboistenkollege Joseph Ignaz Suppus die jüngere Schwester seiner Frau, Katharina Francisca, geb. Hellmandel. Kollege Suppus übernahm auch das Patenamt bei Ehrenfrieds Sohn. Ehrenfried wiederum wurde 1785 Pate des Suppus-Sohnes Franz Heinrich. Auch die Ehefrau Ehrenfrieds stiftete Patenschaften. Sie wurde 1781 Patin bei Tochter Maria Barbara Suppus und 1787 bei Maria Barbara Josepha Suppus (SAM, Kirchenbücher).

Durch Heirat entstandene Verschwägerungen zwischen Musikern der Hofkapelle waren damals durchaus keine Seltenheit. Und auch Ehrenfried ging nach dem Tod seiner ersten Frau Maria Barbara Walburgis im Jahr 1793 in der Folge weitere Ehen mit Partnern ein, die mit dem Kreis der Hofmusiker in verwandtschaftlicher Verbindung standen.

Der einzige Nachkomme Ehrenfrieds, Joseph Ignaz, ging später eigene Wege. Dem Wunsch der Eltern entsprechend wurde Joseph Ignaz Ehrenfried schon in der Schule auf einen späteren Priesterberuf vorbereitet. Die eigentliche Ausbildung zum Priester begann er aber nicht. Mit 19 Jahren, etwa um 1802 – in Aschaffenburg hätten für ihn die ersten regulären durch Kriegsunterbrechungen bisher ausgesetzten theologischen Vorlesungen beginnen können –, wanderte er nach Amerika aus. Hier begann der junge Mann als Lehrer, arbeitete sich empor vom Schriftsetzer, dann zu einem der gefragtesten Übersetzer und Herausgeber, als der er in im Bundesstaat Pennsylvania, in Lancaster und in Harrisburg, wirkte. Zeitweise führte er den offiziellen Titel des German State Printer". Deutschsprachige Zeitungen, Wörterbücher und theologische Drucke waren sein Fachgebiet. Für zwei Heimatbesuche in Deutschland um 1837 unterbrach er seine Arbeiten. Von 1845 bis 1860 schließlich leitete er das Büro des Register of Wills Lancester county, zuständig u.a. für öffentliche Dienstleistungen und Testamentsverwaltung. Schon 1809 war Joseph Ehrenfried mit Anna Smith geb. Hubley die Ehe eingegangen, die aber kinderlos blieb. Die Zeitgenossen lobten seinen überaus gütigen Charakter, den ungebrochenen Fleiß und das hohe Engagement für die Kirche. Insbesondere der New Church diente er mit Hingabe. Durch zwanzig Jahre war er Präsident der Lancaster Jerusalem Society. Von allen Bevölkerungsschichten hoch geschätzt starb er am 6. März 1862 (Harris, S. 186-188; Stoltzfus/website).

4.2.3   Musikalische Blüte

Während der langen Regierungszeit Erthals von 1774-1802 entwickelte sich die Hofmusik in Mainz zu höchster Blüte. Bis 1787 gelang es den Intendanten, Freiherr Friedrich von Dalberg (bis 1776) und Graf Karl Philipp von Ingelheim (1776-1787), nach und nach weitere schon zuvor geplante Reformschritte durchzuführen. Man achtete vermehrt bei der Aufstockung des Personals auf exklusive Qualität. Die gestiegene Wertschätzung der Musik zeigte sich auch in der Umwandlung der Unterhaltungskonzerte in Hofakademien. Höfische Musikpflege wurde erstmals zum Mitträger bürgerlicher Musikkultur, da die Akademien größeren Kreisen zugänglich gemacht wurden. Von den jährlich 120 Akademien fanden 80 in Mainz und 40 während der Sommermonate in Aschaffenburg, der Sommerresidenz des Kurfürsten, statt. Daneben gab es eigene Kammermusikkonzerte. Während der Fastenzeit erklangen wöchentliche Oratorienaufführungen mit einer verdoppelter Anzahl von Musikern. Selbst die gewöhnlichen Kirchenmusiken in der Schlosskapelle, jährlich etwa 50, erhielten personelle Verstärkung. Außerhalb des Hofes erfuhr die Musik ebenfalls einen nachhaltigen Aufschwung. Die anwachsende bürgerliche Musikkultur in Mainz führte schließlich zur Gründung eigener Konzertreihen, den Liebhaberkonzerten, bei denen ebenfalls die Hofmusiker mitwirkten (Schweickert, S. 53-57, 61-63).

Die Hofkapelle genoss so in ganz Deutschland hohes Ansehen. Im Blickpunkt stand die Mainzer Hofmusik ja um so mehr als ihrem Kurfürsten der Rang des Reichserzkanzlers und ersten Kurfürsten zukam. Graf von Hatzfeld hatte schließlich an ihrem Gipfelpunkt von 1788 bis 1793 die neue Intendanz übernommen. Nun kam ab 1788 die Oper als neuer Schwerpunkt hinzu (s.u.). Eine allgemeine Erhöhung der Bezüge diesem Jahr bescherte auch den Oboisten eine erwünschte Erhöhung der Vergütung auf 450 fl., eine weitere Zulage von 50 fl. erhielt speziell Ehrenfried ab 1791 unter der Bedingung dass derselbe dafür gehalten sein solle, alle jene Musikalien, welche ihm von der zeitlichen Musikintendance dazu gegeben werden, für die Harmonie Musick unentgeltlich zu übersetzen (Schweickert, S. 48f., 124; Staatsarchiv Würzburg) – dies auch eine nachträgliche Anerkennung seiner schon bewährten Arbeit in diesem Fach (s.u.). Letzte kulturelle und musikalische Ereignisse vor Beginn der Napoleonischen Kriege waren die Kaiserwahlen bzw. -krönungen 1790 und 1792 in Frankfurt, die durch Mainzer Musiker bedient wurden. Darunter ist Ehrenfried als Oboist nachgewiesen (Kleinicke, S. 210-216).

In diese Zeit reicher Musikentfaltung fällt auch die Privilegierung von Bernhard Schott als Hofmusikstecher im Jahr 1780. Ehrenfried steuerte bei Schott in Mainz von 1782 bis etwa 1800 Material für nachweislich 24 Drucke von Opernarrangements bei. Es sind Bearbeitungen von anfänglich Balletten, dann von kompletten Opern der Zeitgenossen Dittersdorf, Mozart, Paisiello, Salieri, Soler, Süssmayr u.a. oder Auszügen daraus. Sie erschienen teils als Klavierauszug, überwiegend aber für Kammermusikbesetzungen. Davon sind 15 Hefte als Flötenduette erschienen, 6 Hefte als Trios und zwei Hefte als Quartette in der Besetzung von ein oder zwei Flöten mit Streichinstrumenten. Drei der beliebten Arrangements erfuhren auch Nachdrucke bei Götz in Mannheim und Zulehner in Mainz. Fast alle diese Drucke sind heute noch weltweit in verschiedenen Bibliotheken vorhanden. Der Druck mit eigenen Menuetten und Kontratänzen für Klavier aus dem Jahr 1785 ist dagegen verschollen (vgl. EWV; Schneider; Wollner 2009).

Ehrenfried muss auch damit begonnen haben, Opernpartituren für Harmoniemusik zu arrangieren. Der die Bläsermusik liebende Fürst zu Oettingen-Wallerstein jedenfalls ließ in den Jahren 1788 und 1790 drei Harmoniemusik-Manuskripte Ehrenfrieds (Holz- und Blechbläser mit Kontrabass) von Opern Grétrys, Dalayracs und Righinis erwerben. Eine weitere Bläser-Partita befand sich in der fürstbischöflichen Hofkapelle Fulda (Haberkamp; Kramer; EWV).

Dass die Oper in Ehrenfrieds Arrangements fast ausnahmslos bedacht wurde, ist kein Zufall. In Mainz wuchs das öffentliche Interesse an Theater und Oper parallel zu deren qualitativer Entwicklung. Folgerichtig erschienen die Drucke von Ehrenfrieds Arrangements im engen Zusammenhang zur Aufnahme der jeweiligen Oper in den Spielplan. Die Bearbeitungen boten den Bürgern die Möglichkeit, die Oper im Kleinformat zu Hause nachklingen zu lassen. Als Flötenduos eigneten sie sich für Unterrichtszwecke.

Die Entwicklung der Oper verlief stufenweise: Anfangs ließen ja wechselnde Schauspieltruppen die Mainzer manche Unvollkommenheiten bis zum finanziellen Ruin erleben. Über die Gründung einer von Adel und Bürgerschaft erwünschten Theateraufsicht im Jahr 1780, deren Kasse ab 1782 auch vom Hof bezuschusst wurde, erreichte man gesteigertes Interesse und gelangen Gründung und Etablierung eines vom Hof unabhängigen Nationaltheaters für Mainz, Frankfurt und Aschaffenburg im Jahr 1788. War am Anfang von Ehrenfrieds Mainzer Zeit den Hofmusikern die Oper als Nebenverdienst zugestanden worden, so erfolgte 1777 ein Verbot des Mitwirkens. Seit 1788 war ein Mitwirken offiziell den Hofmusikern wieder freigestellt worden. Dafür erhielten sie eine gesonderte Gage von 100 fl., ab 1792 von 140 fl. jährlich (Schweickert, S. 79-86). Ehrenfried wird hier mitgewirkt haben bis 1792 der Opernbetrieb wegen Kriegszerstörung eingestellt und ab 1793 reduziert und verändert wieder auflebte (Peth, S. 99-121). Die Bedeutung der Hofmusik für die Mainzer Oper zeigt das Urteil des zeitgenössischen Schauspielers August Iffland: Durch die Hofmusik ist eure Oper vortrefflich geworden (Peth S. 91f.).

Das Spitzengehalt, das Ehrenfried zu seinen besten Zeiten je bezog, bestand so 1792 aus dem Grundgehalt der Hofmusik von 450 fl., der Sonderzulage von 50 fl. für Harmoniemusik-Arrangements und dem Honorar für die Oper von 140 fl., also aus 640 fl. insgesamt. Hinzu kamen weitere Nebeneinnahmen wie etwa die Honorarerlöse aus den Arrangement-Drucken. Diese hohe Verdienstmöglichkeit war aber durch die französische Eroberung von Mainz im gleichen Jahr 1792 und die daraus folgenden Kriegsschäden nur von kurzer Dauer.

4.3   Wechselnde Vorzeichen (1793-1810)

4.3.1   Napoleonische Wirren und Umzug nach Aschaffenburg (1793-1803)

Nach dem Tod der ersten Frau 1793 heiratete Ehrenfried im Jahr 1795 Christiane Jörg, eine Tochter des Hornisten am Hof, die ihm aber nicht lange zur Seite stehen konnte. Sie starb schon im Februar 1797 (SAM, Kirchenbücher). Die Wirren der Kriegsjahre 1792/93 und der Folgezeit bis 1797 zwangen den Mainzer Hof mehrmals zur Verlegung seines Sitzes. 1798 siedelte der Hof endgültig nach Aschaffenburg über. Mainz blieb am Ende von 1798 bis 1814 ganz französisch (Spies). Die Musiker wurden vorläufig vom Dienst beurlaubt, sollten aber allmählich nach Aschaffenburg übersiedeln. Ehrenfried wird nicht mehr lange in Mainz geblieben sein (Schweickert S. 91). Dies belegen auch die Eintragungen im Verzeichnis der musikalischen Aemtern außer dem Domm aus Mainz, das der letzte Kurmainzer Domkapellmeister Caspar Josef Lizius anlegte. Offensichtlich hatte Ehrenfried hier einen Nebenverdienst. Das Verzeichnis hält fest, dass Ehrenfried im September und Oktober 1797 mehre Male fehlte. Ab dem Zeitpunkt als Lizius dann allmählich beginnt, die Mitwirkenden stets namentlich zu nennen, etwa ab März 1798, fehlt Ehrenfrieds Name gänzlich (SAM, Nachlass Lizius; Gottron, S. 206). Ehrenfried verlegte vermutlich in dieser Zwischenzeit seinen Wohnsitz nach Aschaffenburg. Als Bürger der Stadt Aschaffenburg verzeichnet ihn das dortige Bürgerbuch. Der Magistrat der Stadt muss zu diesem Zweck dem Antrag seiner Einbürgerung auch zugestimmt haben (SSAA, Heimatregister).

Blühend wie einst war das musikalische Leben in Mainz zwischen 1793 und 1797 nicht mehr. Besonders die Zerstörung des Opernhauses und der Weggang bedeutender Musikerpersönlichkeiten zog es in Mitleidenschaft. Noch weniger können nach 1797 am neuen Hof in Aschaffenburg regelmäßige oder herausragende musikalische Aktivitäten stattgefunden haben. Hier hatte man Not, die Musiker überhaupt zu halten oder zurück zu gewinnen (Schweickert S. 86-93; Gottron S. 200-203). Immerhin belegen nachweislich mindestens vier neue Schott-Drucke von Opernbearbeitungen die Kontinuität von Ehrenfrieds Bearbeitertätigkeit auch zwischen 1798 und 1802.

4.3.2   Musik in Dalbergs neuem Staat (1803-1814)

Das Jahr 1803 brachte die Säkularisation und das Ende der geistlichen Kurfürstenstaaten. Es folgte für den Hof die Überführung ins neu gegründete Fürstentum Aschaffenburg. Kurfürst Erthal hatte schon 1802, kurz vor seinem Tod, resigniert und das Amt an Nachfolger und Erzbischof Carl Theodor von Dalberg, übergeben. Ab 1803 amtierte dieser nur noch als Kurerzkanzler im Fürstentum Aschaffenburg und Fürstentum Regensburg. Den klammen Staatskassen entsprechend schlecht ging es den treu gebliebenen Musikern und zögernd nur begann wieder ein Musikbetrieb im bescheidenen Rahmen. Von Anfang des Jahres 1808 datiert auch der Stimmendruck von Ehrenfrieds zuvor entstandenem Flötenkonzert in E-Moll durch den Mainzer Carl Zulehner (Whistling; Wollner 2009; RISM A/I/2).

Im Jahre 1810, mit dem Wechsel der politischen Zugehörigkeit Regensburgs nach Bayern, verlieh man Dalberg, von Napoleon zur Kooperation gezwungen, den Titel des Fürstprimas und entschädigte ihn mit dem Großherzogtum Frankfurt, das mit dem Fürstentum Aschaffenburg vereinigt wurde. Er blieb aber zusätzlich auch Erzbischof im bayerischen Regensburg. Von diesen Frankfurter Residenzjahren Dalbergs an, nach 1810, wurden wieder regelmäßige Hofkonzerte veranstaltet, sodass die Kapelle den ersehnten deutlichen Aufschwung nahm (Schweickert, S. 92). 1811 konnte den Musikern auch wieder eine Gehaltserhöhung zugesprochen werden. Ehrenfried erhielt nun jährlich 560 fl. (Staatsarchiv Würzburg).

Das Betätigungsfeld in der Hofmusik bei Fürstprimas Dalberg blieb bis 1814 erhalten (SSAA: Aschaffenburger Schreib- und Adreß-Kalender). Produziert wurden rege besuchte öffentliche Konzerte im Deutschhaussaal und, seit Errichtung des neuen Aschaffenburger Theaters 1811, auch Opern. Ehrenfrieds letzte Musikertätigkeit stand wohl auch im Spannungsfeld einer vor Ort nachgesagten Feindschaft zwischen Kirche und Theater: Dieses Werk [das Theater] wurde von den wenigsten Bürgern gelobt, von den meisten aber verachtet. Man sagte auch: Dieser Fürst hat vieles gestiftet, aber wenig in und für die Kirche…das Kometihaus oder der Teufel hat keine Freude am Kreuz Christi... (Haus; Walther). Es waren wohl schwierige Zeiten des politischen und geistigen Umbruches, die Dalberg nicht angelastet werden können. Dennoch zeigte sich allerorts ein allgemeiner Aufschwung. Die Gründung der Bürgermusikschule in Aschaffenburg 1810 ist ein weiteres von vielen Beispielen.

4.3.3   Neues Schaffensgebiet und Familienglück (1810-1814)

Dem neu ernannten Fürstprimas Dalberg widmete Ehrenfried seine erste Messkomposition. Die Dalberg zugehörigen politischen Titel lassen das Werk datieren auf die Jahre 1810 bis 1813. Im Vorwort schreibt er: … die Meinung eines solchen Kenners, eines Fürsten, die nicht weniger mit größten Kenntnissen als mit feinstem Unterscheidungsvermögen bezüglich genialer Schöpfungen geschmückt ist, ließ mich Mut fassen, mich in einer für mich völlig neuen Musikgattung, nämlich in der kirchenmusikalischen Komposition, zu versuchen, die von Tag zu Tag immer seltener wird… (ASh; Gönna). Mit dieser Messe in B-Dur beginnt Ehrenfried, nunmehr im Alter zwischen 62 und 66 Jahren, eine ganze Reihe von Kirchenmusik zu schreiben, vier Messen und ein Requiem. Die angesprochene Motivation der Wertschätzung und Förderung der Kunst durch Dalberg ist gut nachvollziehbar (Embach), ebenso die Anteilnahme an der bedauerlicherweise abnehmenden Anzahl von Kirchenmusiken. Die Säkularisation veränderte überall die Bedingungen dafür grundlegend. 1803 war in der Stiftskirche die feierliche, orchesterbegleitete Kirchenmusik auf vier Aufführungen jährlich reduziert worden. Bis 1803 unterstand das Kollegiatsstift und seine Kirche noch dem Kurfürsten, der gleichzeitig Stiftspropst war. Nach seiner Auflösung und da ohne eigenen Pfarrsprengel wurde sie 1803 ersatzweise zur Hauptkirche des Fürstentums Aschaffenburg erhoben, musikalisch wahrscheinlich auch von Hofmusikern bedient, sobald der Landesherr und Bischof zugegen war. Die quantitative Verschlechterung ab 1803 wurde in der Bevölkerung heftig kritisiert, war aber finanziell begründet, denn konkret ging in der Säkularisation das Stiftsvermögen in den Universitäts- und Schulfonds über (Gleißner 1990, S. 345; Pattloch, S. 58f.). Größer besetzte, kunstvolle Kirchenmusik war tatsächlich zu einer Gattung geworden, die von Tag zu Tag immer seltener wird. Ehrenfrieds Neukompositionen, von der ersten Messe an, wollten so den Mangel mit einem angestrebten qualitativen Zugewinn im Repertoire ausgleichen.

Ein weiterer Grund liegt auf der Hand: Verwitwet und in fortgeschrittenem Alter heiratete Ehrenfried 1810 mit der gerade noch 29-jährigen Aschaffenburger Sattlerstochter Anna Maria Schlink, geboren am 20.12.1780, in eine Familie von Musikern hinein. Die Schwester der Braut, Regina Schlink, war Hofsopranistin und seit 1804 mit Georg Albert Hom liiert. Dieser war Hofviolinist und ab 1811 Vize-Konzertmeister und vertrat in der Stiftskirche seit 1795 seinen Bruder Anton, den Stiftsorganisten, der später noch Lehrer und Stiftsschulrektor wurde. Der Vater Nikolaus Hom war zuvor zwölf Jahre lang Stiftschordirektor und -organist gewesen. Ehrenfrieds Schwager Georg Albert Hom schließlich wurde selbst von 1814 an neuer Chordirektor am Kollegiatstift St. Peter und Alexander und damit gänzlich zuständig für die Stiftsmusik bis zu seinem Tode 1837. Als Schwägerin übernahm übrigens Ehrenfrieds Frau auch das Patenamt einer Tochter Georg Albert Homs. (SSAA, Heimatregister, E1, H1, H104; SSAA: Fußbahn; SSAA: Aschaffenburger Schreib- und Adreß-Kalender; Gleißner 1984; ders. 1990). Diese verwandtschaftlichen Beziehungen deuten ebenfalls darauf hin, dass Ehrenfried seine Kirchenmusik für die Stiftskirche komponierte. Auch die weitere Überlieferung der Kirchenmusik verweist darauf.

Die Manuskripte der Messen C-, Es- und D-Dur und des Requiem wurden nach Ehrenfrieds Tod tradiert durch Karl Theodor Hom. Er war der 1805 geborene Sohn von Georg Albert Hom (SSAA, Heimatregister, H104) und somit ein Neffe Ehrenfrieds. Der junge Hom wurde von 1827 bis 1863 als Violin-Solo-Spieler und Konzertist in der Münchner Hofkapelle geführt (Nösselt). Partituren und Stimmen kamen durch Ankauf 1840 an den Dom nach Regensburg. Die Aufschrift besagt: …wurden von dem Eigenthümer Hofmusikus Hom aus München abgekauft, der das Eigentumsrecht cedierte (Schweisthal; Schweisthal liest fälschlich "Horn" – ein Münchner Hofmusiker dieses Namens existierte aber nicht und die Schreibweise "Hom" ist doch eindeutig). Die Requiem-Vertonung ist in Regensburg dort allerdings wieder abhanden gekommen. Die Messe D-Dur gelangte um 1830 auch ins Repertoire des Domchores von Speyer (RISM A/II) und die drei Messen wurden in dieser Zeit auch für die Münchner Frauenkirche angeschafft, teilweise in neuer Stimmenabschrift. Quellenbefund und Wasserzeichen eines Teils dieser Noten beweisen die Aschaffenburger Provenienz und die Zeit um 1810 (Hell/Holl/Machold). Benutzerspuren und das Vorhandensein von Stimmen und Stimmduplikaten zeigt, dass diese Messen auch tatsächlich im Repertoire der großen Domkirchen lebendig waren. Als einzige der vier Messen ist die erste Messe in B-Dur hingegen in Aschaffenburg verblieben, das Widmungsexemplar, aufgewahrt in der Hofbibliothek Aschaffenburg.

4.4   Ausklingende Jahre (1814-1828)

Der Übergang Aschaffenburgs an Bayern im Jahr 1814 bedeutete das Ende der Hofmusik. Der Theaterbetrieb wurde dennoch fortgeführt und die Hofmusiker unter der Auflage pensioniert, dass sie unentgeltlich das Theaterorchester zu bilden hätten (Schweikert, S. 92f.). Es ist nicht mehr feststellbar, wie lange der pensionierte Ehrenfried im Theaterorchester aktiv blieb. Ein Brief an das Verlagshaus Schott lässt aber grundsätzlich auf weitere musikalische Aktivität im hohen Alter schließen, denn in diesem Brief gibt er auf Drängen einer Reihe von Interessenten noch Ende 1825 acht heute verschollene Musikstücke für Violine oder wahlweise Flöte mit Klavier in Druck.

Dass dem Menschen und Musiker Franz Heinrich Ehrenfried durch die letzten 18 Jahre eine 32 Jahre jüngere Ehefrau zur Seite stand, war sicher eine letzte positive Fügung eines erfüllten Lebens, das am 29. November 1828 in Aschaffenburg zu Ende ging. An Altersschwäche verstarb er mit vollendeten 81 Jahren um halb zwölf Uhr in der Nacht. Die Bestattung erfolgte am 2. Dezember 1828 auf dem Altstadtfriedhof in Aschaffenburg (SSAA: Heimatregister und Sterberegister). Das Grab ist bisher noch nicht ausfindig gemacht, bzw. vielleicht nicht mehr vorhanden. Seine Ehefrau Anna Maria verstarb erst am 21. Dezember 1857 in Aschaffenburg (ebd.).

5   Arrangements und Kompositionen

5.1   Arrangements

Ehrenfrieds Harmoniemusik- und Kammermusikarrangements finden in Publikationen der Bläserforschung Erwähnung und Würdigung (Hofer). Teils wurde exemplarisch seine Arbeitsweise untersucht. Insbesondere Christine Martin zeigte spezifische Merkmale anhand des Trioarrangements von Martins Oper Una cosa rara auf. Demnach gibt es bei Ehrenfried keine reinen Begleitstimmen wie im Orchester, sondern drei dem Anspruch der kammermusikalischen Besetzung entsprechend gleichwertige und musikalisch geprägte Einzelstimmen.

Ehrenfrieds Bearbeitung lässt nur wenige Nummern der Oper aus (Martin S. 245). Doch die Vorlage korrigiert er mehrfach durch eigene Einschübe und neue Wendungen (Martin S. 266). Innerhalb der Nummern kürzt Ehrenfried selten. Größere Einschnitte, die den formalen Verlauf der Originalkomposition wesentlich verändern, finden sich nur in mehrteiligen Stücken und betreffen die Teile der Buffa-Nummern, die die Darstellung der Handlung unterstützen, oder die dramatischen, auf den Affekt bezogenen Anteile der Seria-Arien.[...] Wenn ihm eine melodische Phrase zu kurz schien, erweitert Ehrenfried das Original mehrfach durch Verdopplungen originaler Taktgruppen. Ebenso verändert er häufiger Überleitungstakte und Martins musikalisch unspezifische Orchesternachspiele. Während der schnelle Szenenwechsel auf der Bühne kein thematisch ausgeprägtes Nachspiel erforderte, konnte in der Instrumentalmusik nicht darauf verzichtet werden. Einzelne Takte, die bei Martin als Übergang zwischen größeren Abschnitten fungieren, werden ganz weggelassen. (Martin S. 247)

Schließlich fasst die Autorin zusammen: Die Umwandlung der Opernmusik in Instrumentalmusik vollzieht sich hier hauptsächlich durch Eliminierung von Übergängen, Szenenwechseln und rein handlungsbezogenen Anteilen der Musik. Der formale Verlauf der Vorlage kann dabei erheblich verändert werden, und auch die harmonische Struktur wird durch die Vermeidung größerer Modulationen stark vereinfacht. Das melodisch nicht erinnerbare Parlando musste in der Bearbeitung nicht reproduziert werden, die eingängigen Melodien und Themen von Martins Musik wurden dagegen nicht angetastet und wie im Original vielfach repetiert. (Martin 247 f.)

Sehr viel enger an der musikalischen Vorlage ausgerichtet ist die Bearbeitung von Mozarts Zauberflöte für Flöte, Violine, Viola und Violoncello. Hier lässt sich Ehrenfrieds Vorgehen heute für jedermann nachvollziehen: Die qualitätsvolle Quartettbearbeitung liegt seit 2002 in einer CD-Einspielung vor und erscheint im Sommer 2010 in einer Neueinspielung zusammen mit einem Neudruck der Noten (Ensemble L'Arcadia, Edition Wallhall).

5.2   Instrumentalwerke

Das Flötenkonzert E-Moll offenbart eine gewisse innere Nähe zu seiner Entstehungszeit vor 1808, die von Unruhe und Krieg, Umbrüchen und Neuanfang gekennzeichnet war und lotet entsprechende Gegensätze aus. Der erste Satz füllt die Sonatenhauptsatzform durch 320 Takte hindurch mit ernstem, dramatischem Ausdruck. Die Energie des unruhig pochenden Pianobeginns mit ihrem unnachgiebigen Achtelmotiv und untergründigem Paukentremolo bringt den Satz in eine drängende Bewegung, die auch das Soloinstrument später nach schmerzhaft klagendem Prolog in virtuose Getriebenheit versetzt. Das zweite Thema bildet einen unbeschwert frohen Gegenpol, der sich immer wieder der aufwühlenden und schmerzvollen Grundstimmung unterzuordnen hat, die sonst ungebrochen bis in den Schluss des Satzes hinein vorherrscht. Als Ausgleich zum ersten Satz verströmt der zweite Satz, in C-Dur stehend mit nur 46 Takten und in dreiteiliger Liedform, Trost, innere Ruhe und Feierlichkeit und verzichtet auf jede Virtuosität. Der dritte Satz, ein Rondo von 233 Takten, greift in seinem Ritornell einerseits den militärisch wirkenden Typus eines Türkischen Marsches auf, setzt ihn aber in Kontrast zu Couplets, die vermehrt Verspieltheit und Heiterkeit entwickeln. Teils greifen diese humorvoll einzelne Motive des Marsches auf und interpretieren sie um, sodass das Ritornell seine anfänglich bedrohliche Wirkung verliert. Die erwartete letzte Wiederholung des Refrain mündet in ein fast jähes und dramatisches Ende, bei dem sich nur noch das Kopfmotiv des Refrains zeigt.

Das Konzert verzichtet auf eingeschobene Solo-Kadenzen. Auch scheint die Virtuosität des Soloinstrumentes in den Dienst des Ausdrucks gerückt. Die Erfindung und Entwicklung der Themen, die motivische Arbeit und Handwerklichkeit stehen auf einem soliden Niveau, das beachtenswert ist. Man bedauert es, keine weiteren instrumentalen Kompositionen von Ehrenfried mehr zu besitzen.

5.3   Kirchenmusik

Die noch laufende Sichtung und Spartierung der Kirchenmusikkompositionen ergibt ebenfalls ein sehr positives Bild: Während die zahlreichen Arrangements Ehrenfrieds im "Unterhaltungssektor" der Zeit spielen, bewegen sich alle Messvertonungen sichtlich auf anderer Ebene und im deutlichen Abstand zur weltlichen Musik. Der innere Gehalt der Messensätze findet auf allen musikalischen Ebenen seinen je eigenen Ausdruck, in Themen und melodischen Erfindungen, in ihrer farbigen harmonischen Umsetzung, in der Instrumentierung, in variantenreicher formaler Gestaltung und insbesondere in der Polyphonie bei Imitation und Fuge. Dabei beweisen Vokal- und Instrumentalsatz stets eine beachtliche handwerkliche Meisterschaft. Die wichtige Maxime in der Zeit des Klassizismus, die Einheit in der Mannigfaltigkeit zu erreichen, ist in den Messen verwirklicht durch thematisch-motivische Arbeit innerhalb der Sätze und Verwandtschaft musikalischen Materials der Messensätze untereinander.

Klassisch maßvolles Verhältnis zeigt sich im Zusammenspiel verschiedenster Elemente und Einflüsse. Der alte polyphone Stil vereinigt sich bei Ehrenfried mit dem modernen, melodiebetonten, und auch dem sinfonisch-konzertanten Stil. Auch Harmoniemusik-Bläserbehandlung, ein Spezialgebiet Ehrenfrieds, fand unverkennbar Eingang in die Messen. Teils sind die Grenzen dieser unterschiedlichen Arbeitstechniken, Stile und Einflüsse fließend, z.B. dort, wo motivische Verdichtung angestrebt wird, teils stehen die Techniken kontrastierend nebeneinander. Drei Beispiele mögen dies verdeutlichen: Das Kyrie der C-Dur-Messe etwa beginnt mit einem ersten, stark modulierenden "modernen" Teil. Hier deklamiert der Chor homophon und wird durch instrumentale Solo-Einschübe unterbrochen. Dem folgt eine Fuge, die allein von Thema und Kontrapunkt bestimmt wird und sich gegen Ende hymnisch erhöht. Im Incarnatus-Abschnitt der B-Dur-Messe vereinigt sich der Arioso-Duktus eines Duettes mit der Fugentechnik auf eindrucksvolle Weise. Das Sanctus der gleichen Messe nutzt alle Möglichkeiten, ein einfaches Grundmotiv von Achtel-Tonrepetitionen sinnvoll durch unterschiedlichste Ausdrucks-Momente zu führen. Dazu treten weitere motivische Verwandtschaften, Elemente des absteigenden Tetrachordes und des ab- oder aufsteigenden Dreiklanges.

Ehrenfrieds Messvertonungen heben sich somit von einfacher kirchlicher Gebrauchsmusik weit ab. Wie er selbst in der Widmung seiner ersten Messe schreibt, sollten auch Musikkenner mit feinstem Unterscheidungsvermögen bezüglich genialer Schöpfungen (s.o.) Freude daran haben dürfen.

6   Literaturverzeichnis

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