Lütgendorff 2/1913, Bd. 2
Fiorini, Giuseppe. – München, Zürich. Geb. 1861 in Bazzano
Er kam mit seinen Eltern im Jahre 1867 nach Bologna, erhielt eine gute Schulbildung und war von Ende 1876 an Schüler seines Vaters Raffaele F. Schon im Jahre 1881 machte er sich selbständig, und um seinem Vater, der hauptsächlich Violoncelli baute und Reparateur war, keine Konkurrenz zu machen, verlegte er sich auf den Bau von Violinen und den Handel mit alten Meisterwerken. Zu diesem Zwecke unternahm er größere Reisen, die ihn wiederholt auch nach Deutschland führten. Im Jahre 1889 wurde er der Schwiegersohn Andr. Riegers in München und leitete das Geschäft unter der Firma Rieger & Fiorini, die dann Mitte 1899 in "Giuseppe Fiorini" umgewandelt wurde. Auch jetzt ist der Bau neuer Violinen und der Handel mit alten Meistergeigen seine Hauptbeschäftigung. Er macht seine Violinen in allen Teilen selbst, und da sie vorzüglich gearbeitet sind und vortrefflich klingen, fehlt es ihm auch nicht an ehrenden Anerkennungen und Auszeichnungen aller Art. Seine Geigen sind, ohne Kopien zu sein, von ausgesprochen italienischem Charakter und entsprechen der Schule, aus der er hervorgegangen ist. Er ist als vielerfahrener, gründlicher Geigenkenner geschätzt und war Mitbegründer und Vorstandsbeisitzer des Deutschen Geigenmacherverbandes, sowie Obmann der Sachverständigenkommission für die Beurteilung alter Instrumente. Durch den Krieg wurde er im Mai 1915 veranlaßt seine Werkstatt nach Zürich zu verlegen. Er wurde da in der Kunstwelt sehr freundlich aufgenommeen und hat sich fast ausschließlich dem Bau von neuen Geigen zugewendet, womit er große Erfolge erzielt hat. Es gelang ihm auch, in letzter Zeit die kostbare Stradivarisammlung des Grafen Cozio di Salabue von der letzten Erbin, der Marchesa Paola della Valle del Pomaro in Turm, für 100 000 Lire zu erwerben. Diese Sammlung enthält bekanntlich außer mehreren Violinen usw. hauptsächlich Werkzeuge, Modelle, Handschriften, Vorschriften für die Grundierung, Lackrezepte usw., die in den Händen eines Geigenmachers von ganz besonderem Werte sind.
Lütgendorff 3/1922, Bd. 2, 138f.