Lipowsky 1811
Königsperger, (Marian):
Königsperger, (Marian), war i. J. 1708 den 4. Dezember zu Roding in der Oberpfalz (jetzt im Regenkreise) geboren. Seine Eltern brachten ihn in die Benediktiner-Abtei Prifling, wo er in die dasige Real- und Singschule aufgenommen worden. Bald entwickelte sich mit seiner Fähigkeit seine Vorliebe für die Musik. Königsperger zeigte bei guter Anlage zum litterarischen Fache wenig Lust sich diesem zu widmen; wiewohl er seine ganze Lebenszeit hindurch eine ausserordentliche Neigung und Hochachtung gegen gelehrte Männer bewiesen hat.
Die Reize der Musik, der Umgang mit Meistern in der Kunst fesselten ihn so sehr, daß er sich entschloß, dem Kloster als Laienbruder zu dienen. Er wurde mit Vergnügen aufgenommen, legte die Ordensgelübde i. J. 1734 ab, und zeichnete sich immer mehr durch sein volles und gründliches Orgelspiel aus. Bald machten ihn einige, sowohl für die Kirche, als das Theater verfertigte, und wohlgerathene Kompositionen allgemein bekannt.
Er erhielt von allen Seiten Aufträge, bis er endlich mit Lotter von Augsburg in Verbindung kam. Lotter bekannte es nachher selbst, daß er die Grundlage seines Wohlstandes nur dem Königsperger zu verdanken habe. Er hat über 20 verschiedene Werke in den Druck gelegt.
Sowohl durch diese, als andere weltliche Kompositionen hat sich der thätige Mann eine nicht geringe Summe Geldes erobert, wovon er sich aber keinen Heller zugeeignet, sondern sie auf eine Art verwendet hat, wodurch er verdient, der spätesten Nachwelt angerühmt zu werden. Er kaufte für die Bibliothek die Werke des Mabillions, die schönern Ausgaben der Väter, und mehrere kostspielige Bücher; vorzüglich aber unterstützte er die Professoren bei den Editionen ihrer Werke, mit schweren Geldaufwande, worunter besonders der bekannte Gufl zu zählen. Wer immer zu einem litterarischen Unternehmen Geld brauchte, der kam zu den guten Bruder. Es war für ihn ein inniges Vergnügen bei jeder Gelegenheit zur Beförderung der Wissenschaften beizutragen, ohne Anspruch auf Dank oder Ersatz.
Und so hat der edle Königsperger weit mehr gethan als mancher Schriftsteller, der mit oberflächlichen Kenntnissen dem Publikum um ein schweres Geld ein Paar leichte Bogen liefert, und dreist erwartet, daß man sie zweimal lesen soll.
Um aber auch in seinem Lieblingssache ein Andenken zu hinterlassen, so ließ er -ebenfalls auf seine Kosten -nach seiner Angabe eine ganz neue Chororgel bauen, und der Kirchenorgel eine bessere Stimmung geben.
Es ist unstreitig, daß Königsperger durch seine Kompositionen das Vehikel der Verbreitung der Kirchenmusik bis in die geringsten Dörfer Baierns geworden. Es verdient auch als ein kleiner Beitrag zur Charakteristik der Baiern in Rücksicht ihres musikalischen Gefühls hier angemerkt zu werden, daß, wenn sich der Fall ergab, daß Königsperger bei einem Hochamte zu Prifling nicht auf der Orgel spielte, die gemeinsten Bauern die Bemerkung machten, daß Königsperger nicht auf der Orgel saß.
Wenn übrigens sein Satz und seine Harmonie bei dem hohen Schwunge, den die Musik in der Folgezeit erhalten hat, sich verliert; so bleibt es doch eine ausgemachte Sache, daß sein Generalbaß -- die Seele der Musik -immer den Meister bezeichnen wird. Auf diesem allein setzten dazumal die Künstler ihre ganze Stärke, ohne sich viel um den angenehmeren Gesang, und die abwechselnde und reizende Instrumental-Begleitung zu bekümmern. Große Meister haben es freilich in unsern Zeiten so weit gebracht, daß sie beides in einem hohen Grade zu verbinden wissen; allein wie viele Kompositionen erscheinen dennoch in unserm verkünstelten Zeitalter mit einem leichten Wesen -- ohne gründlichen Ligaturen: mit einer vorübergehend schön tönenden Melodie, und einer schwachen Seele.
Freiherr von Schacht, Intendant des Fürstlich von Thurn und Taxischen Orchesters zu Regensburg, gegenwärtig zu Wien; ein Meister im soliden Stile, der besonders die Partitur der Alten studirte, wurde einsmal von einem seiner Freunde ersucht, ihm zu einer Feyerlichkeit eine feyerliche Messe zu komponiren.
Freiherr von Schacht, willigte in seine Bitte, setzte die Messe, und schickte sie seinem Freunde zu. Was Baron Schacht erwartet hatte, geschah. Er erhielt sogleich einen Brief von seinem Freunde, mit der Bemerkung, daß bei der überschickten Musik gerade die Hauptsache -- der Baß -abgangig wäre. B. Schacht schrieb ihm zurück: Er sollte nur den Baß aus der gedruckten solennen Messe des Königsperger Nro. (diese weiß ich nicht mehr bestimmt anzugeben) mitspielen lassen, und alles wäre in Ordnung. Es geschah, und die Musik fiel vortrefflich aus.
Königsperger starb den 9. Oktober 1769, bedauert von seinen Mitbrüdern, und von allen die ihn kannten. Seine sittliche Charakteristik war eine zuvorkommende Willfährigkeit, Genügsamkeit, Reinlichkeit, Hochachtung gegen Gelehrte, ein gottseliges Betragen ohne Heuchelei, vorzüglich aber eine sanfte, nie unterbrochene Fröhlichkeit, das Zeichen einer harmonischen Seele und wahrer Herzensruhe.
Wenn man gleich heut zu Tage den Königsperger nicht mehr singt und spielt, oder wohl gar mit Verachtung lohnt, so hat er dieses Schicksal mit so vielen Künstlern und Gelehrten gemein, bei denen man gemeiniglich vergißt, daß sie auf der Stufenleiter der Fortschreitung ein bedeutendes Mitglied gewesen, ohne welches man die gegenwärtige Höhe entweder gar nicht, oder sehr spät, oder mit äusserster Mühe und einem seltenen Sprunge erstiegen hätte.
Meistern in der Kunst, welche die Alten studiren, und den innern Gehalt -- nicht die Facon -- suchen, werden dergleichen Männer immer verehrungswürdig bleiben.
Diese Blume legt mit Achtung auf das Grab des verdienten Bruders der letzte Abt von Prifling, Rupert Kornmann.