Lipowsky 1811, 199
Maria Antonia Walburga, Tochter des Churfürstens von Baiern Karl Albrecht, nachmaligen Kaiser Karl des VII, wurde geboren zu München den 18. Julius 1724, verheirathet an Friedrich Christian Leopold, Königl. Prinzen von Pohlen und Churprinzen von Sachsen 1747, und Wittwe 1763. Diese Churfürstinn von Sachsen malte nicht nur sehr schön in Pastel, sondern war auch Dichterinn, und Künstlerinn in der Musik. Sie verfertigte die Poesie zu zwei italienischen Opern: Il Trionfo della Fedeltà, Drama pastorale per Musica, und Talestri, Regina delle Amazoni, und setzte dieselbe auch -- wiewohl ohne ihren Namen zu nennen -- in Musik. Die erste Oper wurde zu Dresden 1756, und die zweite 1765 gegeben (1). Eben so schrieb sie auch den Text des Oratoriums: (2), wozu Hasse die Musik komponirte. Die Komposition lernte Sie bei dem berühmten Kapellmeister Porpora (3). Sie sang sehr angenehm, und spielte mit Ausdruck und grosser Fertigkeit sehr schön Klavier. Wegen ihrer großen Geschicklichkeit und Kenntnisse in der Tonkunst ward sie Mitglied der arkadischen Gesellschaft zu Rom unter dem Namen: Ermelinda Talia Pastorella Arcada. Die Anfangsbuchstaben dieser Namen stehen auf der Partitur Ihrer eben angeführten Opern, die beit Breitkopf im Querfolio-Formate herausgegeben wurden. Marpurg’s Beiträge zur Aufnahme der Musik. B. III. S. 155. Eben diese erhabene Fürstinn war auch in der Schauspielkunst erfahren, und gab hierinn in ihrem Kabinette der großen Sangerinn Elise Mara, geborner Schmehling Unterricht, als diese am Geburtstage des Churfürstens 1767 zum ersten Mal in Dresden das Opern-Theater betrat. Diese unvergeßliche Maria Antonia starb zu Dresden 1779, beweint von allen, die sie kannten, verehrt von jedermann, bewundert von Künstlern und Gelehrten.
Anm. 1: Auch am Hofe zu München wurden mit großem Beifalle auf dem Theater, nicht nur diese zwei Opern, und zwar Talestri Regina etc. 1758; dann il Trionfo della Fedelta 1761 aufgeführt, sondern in den folgenden Jahren auch wiederholt, und zwar erstere 1760, und letztere 1762. v. Aretin. Mspte.
Anm. 2: La conversione di Sto. Augostino
Anm. 3: Niklas Porpora, einer der ersten Singmeister seiner Zeit, wurde 1696 zu Venedig geboren, eröfnete dasebst 1726 als Kompositeur seine musikalische Laufbahn mit der Oper: Siface, und erhielt solchen Beifall, daß er, ungeachter seines Nebenbuhlers Vinci, der zu gleicher Zeit die Oper: Siroe, schrieb, bis 1729 fünf Opern in Venedig in Musik zu setzen bekam. Im genannten Jahre 1729 kam er nach Dresden, wo er die Churprinzessin Maria Antonia Walburga im Gesange und der Komposition unterrichtete, worauf er auch zum Kapellmeister befördert wurde; an dem Kapellmeister Hasse aber einen neuen Feind erhielt. Porpora blieb indessen nur bis 1732 in Dresden, und begab sich nach Neapel, wo er eine Singschule errichtete, in der der große Farinelli gebildet wurde. Die Italiener gaben seiner Singschule, vor den übrigen, darinn den Vorzug, daß er den Gesang fürs Herz und den richtigen Vortrag der Worte im Recitative vorzüglich gut lehrte. Im Jahre 1766 gab er zu Neapel auch im Contrapunkte Unterricht.